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Aus Klärschlamm Energie erzeugen

Biogene Abfälle zu Treibstoff umwandeln

Mit dem Wissenschaftler Prof. Dr. Andreas Hornung war am 12. Februar ein weltweit führender Experte für die Umwandlung von biogenen Abfällen in Treibstoffe in der Pauluskirche zu Gast. Der Leiter des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Energie- und Sicherheitstechnik in Sulzbach-Rosenberg stellte in einem facettenreichen Vortrag ein Verfahren vor, das biogene Abfälle in Roh- und Treibstoffe umwandelt. So werden nicht nur Reststoffe genutzt, sondern auch CO2 eingespart.

Ein großes Ziel treibt Andreas Hornung an: Er möchte „aus einer breiten Palette von Abfällen Energie und Produkte erzeugen“. Dabei hat er sich auf biogene Reststoffe konzentriert, also etwa Pflanzenreste, überschüssigen Dung, Abfälle aus der Papierproduktion oder Klärschlamm. Durch ein über viele Jahre entwickeltes Reaktionsverfahren gelingt es ihm, die Kohlenstoffketten der Reststoffe so aufzubrechen, dass daraus Bio-Gas, Bio-Rohöl, Bio-Kohle und Asche entstehen. Hornung berichtete, wie effizient der Prozess abläuft: Nur zehn Prozent der im Ausgangsstoff enthaltenen Energie wird dafür verbraucht. Umfassende Tests der erzeugten Produkte hätten ergeben, dass das Bio-Rohöl chemisch identisch mit fossilem Rohöl sei und somit in den bestehenden Raffinerien ohne technische Umstellungen verwendbar wäre.

Abfälle, wie sie in Hornungs Bioreaktoren verarbeitet werden, gibt es überall, wo Menschen leben oder Land- und Fortwirtschaft betrieben wird. Daher ist ein regionales Netz von Bioreaktoren denkbar, die einerseits Abfallprobleme verringern und andererseits die Energieversorgung auf ökologische Weise diversifizieren. Würde man alle biogenen Reststoffe verwerten, die in Deutschland bisher gelagert oder verbrannt werden, könnten 17 Prozent des Bedarfs an Pkw-Benzin auf diese Weise erzeugt werden, hat Hornung errechnet. Und das zu einem marktfähigen Preis: Vor Steuern koste ein Liter Bio-Diesel 60 Cent. Dieses Diesel sei damit weitaus günstiger als bei allen bisher entwickelten Verfahren zur Herstellung von Treibstoff aus Biomasse. Berücksichtigt bei dieser Berechnung seien die Entsorgungskosten, die gespart werden, etwa für den Klärschlamm.

Vision: CO2-negative Treibstoffproduktion

Bei dem von Hornung entwickelten Verfahren entsteht neben Gas und Öl auch lagerfähige Bio-Kohle. Wird die Kohle nicht verbrannt, sondern eingelagert, kann die Technik CO2-negativ betrieben werden. In der visionären Weiterentwicklung im großindustriellen Maßstab könnte der Rohstoff aus Algen bestehen, die in den Meeren angebaut werden. Wird die anfallende Kohle zwischengelagert und nur das Bio-Rohöl weiterverwendet, entlastet das die ohnehin zu nährstoffreichen Meere, und der Atmosphäre wird CO2 entzogen. Ebenso wäre es denkbar, das in den Weltmeeren schwimmende Plastik in Bioreaktoren einer Wiederverwendung zuzuführen.

Eindrucksvoll beschrieb Hornung, wie viel Durchhaltevermögen es braucht, Zuschüsse und Genehmigungen für die Entwicklung einer solchen innovativen Technik zu bekommen. Durch die jüngst verstärkte Förderung der Europäischen Union für Klimaschutz-Projekte erwartet er einen neuen Schub zur Umsetzungen alternativer Energielösungen wie der von ihm entwickelten.

Vielseitiger Dialog mit dem Publikum

In der anschließenden Diskussion zeigten zahlreiche ins technische Detail gehende Fragen, wie genau sich die Zuhörerinnen und Zuhörer in das von Hornung vorgestellte Verfahren hineingedacht hatten. So ging es etwa darum, was mit Rückständen von Chemikalien oder Medikamenten geschehe, die in den biogenen Stoffen enthalten sind. Hornung stellte dar, wie das Ausgangsprodukt chemisch in seine Bestandteile zerlegt wird und das gewonnene Rohöl daher schadstofffrei sei. Auch politische Aspekte wurden angesprochen. Beispielsweise fragte jemand, welche Faktoren zusammenkommen müssten, damit sich Innovationen durchsetzten. Hornung betonte, dass die politische Unterstützung für solche Projekte ebenso wichtig sei wie die Partnerschaft mit oft mittelständischen Unternehmen, um sie „marktreif“ weiterzuentwickeln. Es bedürfe auch einer gesellschaftlichen Akzeptanz. Hier seien „Botschafter“ wie der Rallyefahrer Walter Röhrl eine große Hilfe.

Wie groß der Beitrag der vorgestellten Technik im Kampf um eine Abmilderung des Klimawandels sei, wurde gefragt. Andreas Hornung betonte, dass es eine Vielzahl an Maßnahmen bedürfe und jeder Sektor und jede Technologie ihr Möglichstes versuchen müsse, klimaschonende Lösungen zu finden. Dabei sei es gut, wenn Technologien an die bestehende Infrastruktur anknüpfen könnten und wenn die Vorteile der industriellen Produktion weiterhin zur Verfügung stünden – aber auf Basis einer Energie- und Rohstoffversorgung, die CO2-neutral oder womöglich sogar CO2-negativ ist. Die Begrenzung der Erderwärmung sei jede Anstrengung wert, und sie erfordere Veränderungsbereitschaft aller. Er hoffe, dass viele Menschen mitgenommen werden könnten auf diesem Weg.

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Berichte und Downloads frühere Veranstaltungen

Über Andreas Hornung

Andreas Hornung studierte in Darmstadt Chemie und wurde an der Universität Kaiserslautern promoviert. Nach Tätigkeiten in der Industrie wurde er 2002 Abteilungsleiter am Forschungszentrum Karlsruhe. Er nahm zahlreiche Lehr- und Leitungsaufgaben wahr und wurde 2014 zum Professor für Bioenergie in Birmingham (Großbritannien) und 2015 zusätzlich zum Professor für Hochtemperaturprozesstechnik an der Universität Erlangen-Nürnberg berufen. Seit 2013 leitet er das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik in Sulzbach-Rosenberg.

Fraunhofer-Institut Sulzbach-Rosenberg

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