Umbau in der Nachkriegszeit
Rücknahme des Wiesbadener Programms
Die Pauluskirche war in der Darmstädter Brandnacht vom 11. auf den 12. September 1944 beschädigt worden. Nach Kriegsende stellte man die Kirche wieder her. Allerdings stand der damalige Pfarrer Rudolf Wintermann der Gestaltung des Kirchenraums im Sinne des Wiesbadener Programms ablehnend gegenüber. Er sorgte dafür, dass die Kirche gemäß seiner theologischen Sichtweise verändert wurde.
Kanzel und Altar trennte man voneinander und verlegte sie an ihre konventionellen Orte: den Altar in den Chorraum und die Kanzel vorne links an den Triumphbogen im Kirchenschiff. Die Orgel wurde auf die Südempore verlegt und war damit für die Gottesdienstbescher nicht mehr sichtbar.
Die so geschaffene Ausrichtung des Kirchenraums alleine auf den Altar sollte ausdrücken, dass das Abendmahl als Sakrament einen höheren Stellenwert habe als das gesprochene Wort und die Musik. Die Verlegung des Altars aus dem Kirchenschiff in den Chorraum erhöhte die Distanz zur Gemeinde und stellte einen ehrfürchtigem Abstand zum Tisch des Herrn her. Am 15. August 1948 wurde die Pauluskirche wieder in Dienst genommen.
Ein heller Raum mit Spannungen
Dass Pfarrer und Kirchenvorstand ein wertvolles Baudenkmal solchermaßen umgestalteten, ist nach heutigen Denkmalschutzvorstellungen undenkbar und zeugt von einem besonderen Sendungsbewusstsein der damals Handelnden.
Enstanden ist ein Kirchenraum, der durch seine Schlichtheit und die in weiß gehaltenen Wände hell und weit wirkt. Der Gestaltung des Chorraums fehlt allerdings die Verbindung in den übrigen Kirchenraum und steht gewissermaßen isoliert für sich. Eine Brücke hat das Farbkonzept des Tonnengewölbes mit seinen unregelmäßigen Blautönen herzustellen versucht (Entwurf: Klaus von Saalfeld, fertiggestellt 2004).
Dennoch zeigt der Blick auf Triumphbogen und Chorraum eine nicht auzugleichende Spannung zwischen dem ursprünglichem Raumkonzept und der mehrstufigen Umgestaltung in der Nachkriegszeit. In dieser Spannung ist der Gottesdienstraum der Pauluskirche ein lebendiges Dokument der Kirchengeschichte und ein eindrückliches Beispiel dafür, wie theologische Positionierungen ein Kirchengebäude prägen und verändern.
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